Schuster, bleib´ bei Deinen Leisten!

Die im www gefundene Bedeutung dieser Zeile wird mit „Tu nichts, wovon Du nichts verstehst“ oder aber auch „Rede nicht über etwas, womit Du Dich nicht auskennst“ erklärt.

„Nichts verstehst“, „nicht auskennst“? Was aber bedeutet dieses „nicht“?

Es ist wohl nicht wörtlich, im Sinn von „überhaupt nicht“ zu verstehen. Was wir damit wirklich meinen, ist, dass diese Person ein mangelhaftes Wissen von besagtem Thema hat. Sie versteht von der Materie zu wenig um sachlich richtig darüber mit anderen diskutieren oder gar eine Leistung korrekt ausführen zu können, weil sie eben nur das sogenannten „Halbwissen“ besitzt. „Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“ – wie der Volksmund sagt.

Besagte Person sieht das aber überhaupt nicht so. Sie ist der Meinung, genug davon zu verstehen, um als „Experte“ theoretisch und praktisch aktiv zu werden. Dies, obgleich sie weiß, dass diese Tätigkeit nicht ihrem Berufsbild entspricht. Denn tatsächlich gibt es Personen, die besagter Thematik mächtig sind – und diese verdienen sogar ihren Lebensunterhalt damit.

Lassen Sie uns das eben theoretisch dargelegte in zwei Praxisbeispielen darstellen.

Beispiel 1

Herr M betreibt eine Pension mit 10 Zimmer. Natürlich hat jedes Zimmer einen Fernseher, dies gehört schließlich zur Standardausstattung. Aus verschiedensten Gründen hatte sich Herr M für einen Empfang mittels Kombination DVB-c und DVB-s entschieden. Er ging zum Unternehmen seines Vertrauens. Dieses legte ein Angebot, errichtete diese Anlage und nahm sie in Betrieb.

Immer wieder gab es Beschwerden von Gästen über die oftmals schlechte Empfangsqualität, der Errichter erklärte immer wieder, dass alles korrekt sei und diese Störungen nicht in seinem Einflussbereich lägen. Ob des großen Ärgers im Laufe der Zeit wandte Herr M sich an mehrere Unternehmen mit dem Ersuchen, sich seines Problems anzunehmen. Das Ergebnis war immer das gleiche. Es gab keine Verbesserung. Eines Tages sprach wieder ein Gast Herrn M über die schlechte Darstellung des Fernsehsignals an, dieser erzählte ihm sein Leiden, woraufhin der Gast mitteilt, dass dies seine ureigenste Profession sei und er dies korrigieren könne. Herr M erteilte ihm daraufhin den Auftrag und kurze Zeit später reiste man erneut an, um das Problem zu suchen und zu beheben.

Fakt ist, dass der Einfluss von additivem, weißem, Gaußschen Rauschen im Konstellationsdiagramm zu einer Abweichung der Messwerte führt, hier kam es sogar zu Bitfehlern! Das Verhältnis zwischen dem reduzierten, effektiven Fehler und dem Effektivwert der Nutzdaten SNR in db setzt man nun in Relation zum effektiven Fehler ohne Reduktion und erhält den Modulationsfehler MER, der natürlich immer schlechter ist als der SNR. Sein sollte MER bei QAM 256 etwa um die 35dB, der IST-Wert lag bei 27,6dB. Kein Wunder also, dass der Fehler die besagten Auswirkungen zeigte. Es wurde eine korrekte Installation, danach eine korrekte Einstellung vorgenommen und diese auch dokumentiert.  Nun ja, seit diesem Zeitpunkt können alle Gäste störungsfrei fernsehen.

Die beiden folgenden Bilder zeigen die Abweichung der Messwerte von der idealen Position aufgrund von Rauschen

VOR der korrekten Installation                                 NACH der korrekten Installation

                           

Also wirklich, es musste doch nur mit einem Verteiler ein Signal auf mehrere Geräte verteilt werden .

Beispiel 2

Unternehmen X betreibt einen Seminarraum für die Schulungen ihrer eigenen Produkte im Haus. Auf einem Großbildvideoprojektor soll beeindruckend den Schulungsteilnehmern in gestochen scharfer Qualität gezeigt werden, wie Produkte aufgebaut sind, gewartet oder aber auch repariert werden.

Geraume Zeit nach der Inbetriebnahme kam es, zunächst nur an manchen Tagen und hier auch nur vereinzelt, im Laufe der weiteren Monate aber immer öfter, zu einem plötzlichen Aufblitzen einzelner Bildflächen inmitten der Präsentation. Dies führte schon sehr stark zur Beeinträchtigung der Darstellungen und in weiterer Folge zu einer beachtlichen Unaufmerksamkeit der Teilnehmer. Mehrmals versuchte der Errichter der Anlage Reparaturen durchzuführen, tauschte Geräte – sogar gegen Produkte anderer Hersteller – aus. Am Ende blieben alle Versuche ergebnislos. Der Zufall wollte es, dass der Seminarleiter diesen Umstand bei einem privaten Sommerfest erzählte und ein anderer Besucher dieses Festes ihm mitteilte, dass die Errichtung besagter Anlagen seine ureigenste Profession sei und er dies korrigieren könne. Dieser erhielt daraufhin den Auftrag das Problem zu suchen und zu beheben.

Fakt ist, dass die HDMI-Organisation den Standard seit dem Bestehen Anfang der 2000er verändert und aktuell nicht mehr als 10 m Kabel für die Funktion ebenso bestimmt hat, wie die Tatsache, dass keine HDMI-Verlängerungen – daher ein Kabel mit einer Seite einem Stecker und der anderen Seite einer Buchse – diesem Standard entsprechen.

Das bedeutet aber nicht, dass die Industrie solche Kabel nicht anfertigt. Findet daher so ein Kabel mit einer Länge von 10 m, eingezogen in einen Schlauch für die Verbindung zwischen Anschluss des Vortragenden und dem Projektor an der Decke mit noch einem zusätzliche angestecktem Verlängerungskabel von 3 m Verwendung, so ergeben sich aufgrund der Übergangswiderstände der Verbindungen zu Lasten der Länge weitere 3 m, in Summe sind es daher 16 m Kabel. Je länger das Kabel ist, desto besser müssen zunächst einmal überhaupt die Hochfrequenzeigenschaft des Kabels sein, um eine entsprechende Fehlerfreiheit in der Übertragung garantieren zu können. Dieser Umstand wurde nicht erfüllt – bei seriösen Anbietern von HDMI-Kabel sind selbst 10 m Kabel bereits doppelt so dick (und unbeweglich) wie das hier vorliegend verwendete Kabel, um dieser Tatsache gerecht zu werden.

Aber warum anfänglich nur manchmal und dies aber nur an manchen Tagen? Nun ja, zum einen kommen nicht alle Vortragenden mit demselben Quellgerät, haben daher nicht dieselbe Auflösung, dieselbe Bildwiederholfrequenz und dieselbe Farbtiefe am Ausgang eingestellt. Dabei muss man wissen, dass sich das zu übertragende Bildsignal mit der dafür notwendigen Übertragungsrate (Bandbreite) aus der Multiplikation des Pixel Clocks und der (Farbtiefe + 2) errechnet. Um allerdings zuerst den Pixel Clock zu erhalten, muss eine Multiplikation der Breite der totalen Pixel mit der Höhe der totalen Pixel und der Bildwiederholfrequenz (je Sekunde) durchgeführt werden.

Bei einer Auflösung von 1920 x 1080 Pixel mit einer Bildwiederholfrequenz von 60 Hz und einer Farbtiefe von 16 Bit wären dies pro Grundfarbe 2,24 Gbit/s, bei 3 Grundfarben 6,72 Gbit/s.

Im Vergleich benötigt eine Auflösung von 1280 x 720 Pixel mit einer Bildwiederholfrequenz von lediglich 50 Hz und einer Farbtiefe von ebenfalls 16 Bit nur noch 0,83 Gbit/s pro Farbe, daher wieder bei 3 Farben lediglich 2,49 Gbit/s.

Nun ja, und es macht bei der Übertragung bei einer derartigen Länge einen gewaltigen Unterschied, ob 6,72 Gbit/s oder nur noch 2,49 Gbit/s fehlerfrei übertragen werden müssen. Zusätzlich verändern sich die Übergangswiderstände der Steckverbindungen, ja sogar der Kabel selbst durch die normalen Umweltbedingungen. Daher ist die Auslegung bei der Konzeptionierung immer „in der Mitte“ des Funktionsbereiches durchzuführen und nicht bereits am Ende der Tabelle!

Also wirklich, es war doch nur eine einfache HDMI Kabel-Verbindung ..

Was ist daher die Conclusio – oder auch die Quintessenz genannt – aus den obig angeführten Beispielen:

Herr M und Unternehmen X hätten gleich jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt. Oder besser: Die Auftragnehmer hätten – bevor Sie den Auftrag angenommen haben – erklären müssen, dass die Ausführung dieser Tätigkeiten nicht ihrem eigentlichen Betätigungsfeld entspricht. Woher soll der Kunde jeweils wissen, wer für welches Detailgebiet „der Richtige“ ist. Oftmals maßlose Überschätzung sind die Folge der vorangegangenen Praxisbeispiele.

Jede Branche hat Spezialisierungen in den verschiedensten Bereichen der Technik und der Technologie. Besagtes „Halbwissen“ auch bei vermeintlich einfachen Tätigkeiten und Ausführungen nützt dem Kunden nichts, wenn am Ende die Funktion darunter leidet.

Sehen Sie die folgenden Bilder und bilden Sie sich selbst Ihre Meinung dazu:

Schuster, bleib´ bei Deinen Leisten!

In diesem Sinne wünschen Ihnen die immer aktiven Vertreter der Bundesberufsgruppe der Kommunikationselektroniker Österreichs frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins Jahr 2021!

Thomas Plank